Zur Onlineausgabe: Wochenspiegel Dom- und Kaiserstadt Fritzlar Ausgabe 32/2021
Stadtführung in Fritzlar
Zu dieser Veranstaltung war eine Gruppe von 23 interessierten Mitgliedern zusammengekommen. Auch aus der benachbarten Kreisstadt Homberg gesellten sich Vorstandsmitglieder der Partnerstadt Bridgwater hinzu.
Zwischen der englischen Telefonzelle und dem Gingkobaum am Grauen Turm begann die Führung über Fritzlar und England, die Dr. Schotten ausgearbeitet hatte.
Die scheinbar bekannteste Verbindung zwischen Fritzlar und den britischen Inseln ist zugleich die älteste und die sagenhafteste: St. Bonifatius als römischer Baumfäller, Segenbringer und Klostergründer stammt als Angelsachse von dort und wird nur noch durch einen iroschottischen Mönch Humbert übertroffen, der als Abt eines Klosters Büraburg überliefert ist; von ihm befindet sich immerhin ein Schädelfragment im Reliquienaltar des Domes.
Aber die auch verwandten Sachsenherrscher Heinrich I. und sein Sohn Otto I. pflegten die Beziehungen: So kam 929 die Prinzessin Edgitha aus Winchester (912-946), um Otto zu heiraten, und das sicher nicht ohne Gefolge. Überhaupt zeigt die Gestalt der 1079 untergegangen Pfalz von Fritzlar ein durchaus ähnliches Muster wie die Anlage in Winchester, allerdings wohl nur ein Viertel so groß. Ob es die Frau von Kaiser Heinrich V. (1085-1125), die aus einer englisch-schottischen Familie stammende tatkräftige Kaiserin Mathilde (engl. „Maud“, 1102-1167), die 1141 kurzzeitig auch englische Königin war, einmal nach Fritzlar geschafft hat, wissen wir nicht, das wäre aber nicht verwunderlich.
Auch die Guildhall (Versammlungshalle der Kaufmannsschaft) dort und anderswo in England erinnert das zentrale Gebäude der mittelalterlichen Michelsbrüder bei uns. Sie zeugen vom gleichen Selbstverständnis der wikingischen und westeuropäischen Fernhandelsleute von England, Westeuropa, Skandinavien und dem Ostseeraum, auch den „Roland“ über dem Marktbrunnen hat es nicht zufällig nach Fritzlar verschlagen. Sie kamen über den „Hellweg“ und die Haddamargasse/Kasseler Straße nach Fritzlar.
Selbst die Befestigung unserer Stadt erinnert an die Ära des englischen Richard Löwenherz (1157-1199), der die Vorbilder unseres „Grauen Turmes“ aus dem Heiligen Land nach Westeuropa brachte. Er ist auch der Wappengeber des englischen Löwen, der als Geschenk von Burnham on Sea/Highbridge heute den „Englischen Platz“ mit dem Hinweisschild am Busparkplatz ziert.
Dem „Spaziergang“ durch die Geschichte wurde aufmerksam gefolgt und gab Anlass zu mancherlei Fragen und Diskussionen sowie einem anschließenden erholsamen Zusammensein vor der „Weinstiege“ am Marktplatz.